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LARS H. LÜPPES
GEDANKEN ZUR SPÄTMEROWINGERZEITLICHEN SPATHAAUFHÄNGUNG – EINE ZU BELEGENDE UND TRAGBARE REKONSTRUKTION
Oft wurde versucht, den Aufbau der spätmerowingerzeitlichen Spathaaufhängung zu rekonstruieren. Über wiegend geschah dies anhand des Befundes eines einzelnen Grabes, zusätzlich erschwert durch den meist sehr schlechten Erhaltungszustand der ledernen Anteile. Seit ca. sechs Jahren befasse ich mich intensiv mit Sax und Spatha sowie deren Garnituren der späten Merowingerzeit aus dem Siedlungsgebiet der Alaman nen, Bajuwaren und Franken und fertige unter anderem entsprechende Rekonstruktionen an. Vor einiger Zeit plante ich den Nachbau einer Spatha aus der Mitte des 7. Jahrhunderts. Daher untersuchte ich die Rekonstruktionsvorschläge für Spathaaufhängungen, die sich auf die Befunde mehrerer Gräber stützten oder aber durch glückliche Erhaltungsumstände konkrete Hinweise lieferten, auf deren Tauglichkeit als Vor lage. Ich konnte in diesem Zusammenhang besonders auf die Vorschläge von E. M. Neuffer bezüglich Donzdorf (Lkr. Göppingen)1, R. Christlein bezüglich Marktoberdorf (Lkr. Ostallgäu)2 und Dirlewang (Lkr. Un ter allgäu)3 sowie von W. Menghin in dessen chronologischer Spathauntersuchung4 zurückgreifen. Ein weite rer Rekonstruktionsvorschlag liegt von R. Marti in seiner Publikation der einzigartig erhaltenen Funde aus Altdorf (Kt. Uri/CH) vor5. Zur Verdeutlichung meiner Vorgehensweise sowie aufgrund der Abweichungen der dortigen Befunde gehe ich aber erst später auf dessen Rekonstruktionsvorschlag ein.
Die relevanten Bestandteile (Abb.1, 1a-b. 2a-b. 3-4) einer Spathagarnitur finden sich in nahezu jedem Gräberfeld dieser Zeit, so auch in den oben genannten. Zusätzlich liegen häufig Beschläge vor, die für den eigentlichen Aufbau der Spathaaufhängung nicht notwendig sind (Abb.1, 1c. 2c. 5). In der nun folgenden Auflistung der Beschläge habe ich aufgrund der Vielzahl an Bestandteilen die Nummerierung so gewählt, dass sowohl die Zusammengehörigkeit zueinander als auch die Position auf dem jeweiligen Riemen wenn möglich auf den ersten Blick ersichtlich ist (vgl. Abb. 5).
M. Neuffer jedenfalls schlägt eine unter der Hüfte gekreuzte Schultergurtvariante vor, bei der er aber den auf der Scheidenaußenseite sitzenden Riemendurchzug sowie das schmale Riemchen, welches durch ihn hindurchführt, vernachlässigt, obwohl in einigen der Donzdorfer Gräber deutliche Hinweise darauf existie- ren (Abb. 2). Außerdem muss sich der Trageriemen verjüngen, um der zu Recht anzunehmenden schmaleren Riemenbreite bei einer kleinen Schnalle, Riemenzunge und Schlaufe des Querbeschlägs Rechnung zu tragen. Die Pyramidenknöpfe erachtet er als bloßen Zierrat. Zudem kippt die Spatha in der Praxis durch ihr Gewicht nach vorn und schwingt durch den unterhalb der Hüfte liegenden Kreuzungspunkt des Trage riemens bei jedem Schritt weit hin und her. Durch das lose Umhängen und die daraus resultierende zu große Beweglichkeit lässt sich die Spatha außerdem nur zweihändig ziehen. Auch das vorgeschlagene Anknöpfen an das Rückenbeschläg des Leibriemens verhindert nicht, dass man stets die linke Hand zu Hilfe nehmen muss. So stellt es Neuffer auch auf seiner zweiten Skizze dar6. Man müsste also Schild oder Zügel aus der Hand legen, um das Schwert zu ziehen.Die Unmöglichkeit des einhändigen Ziehens der Spatha trifft im Übrigen auf jede Schultergurtvariante zu. Sehr stichhaltig jedoch erklärt E. M. Neuffer die Verbindung von Schleppriemen und Scheide. Im Donzdorfer Grab 64 hat sich das gespaltene Ende des Schleppriemens unter dem Querbeschläg 2d (vgl. Abb. 5 für die Bezeichnungen) erhalten7. Dies zeigt, dass der Schleppriemen mit diesem vernietet, zweimal – wie Neuffer plausibel macht – um die Scheide geschlungen und
schließlich durch die Schlaufe des Querbeschlägs geführt wird. Am anderen Ende dieses Teils des Schleppriemens ist dann die kleine Schnalle 2a befestigt.
Auch R. Christleins erster Rekonstruktionsvorschlag von Marktoberdorf ist ein unpraktikables Konstrukt und zudem von großen Ausmaßen. Er kommt aber schon zu dem Schluss, dass die Pyramidenknöpfe und ein schmales Riemchen zur oberen Verbindung der Scheide mit dem Trageriemen gehören. Einige Zeit später – bezüglich Dirlewang – ändert er seinen Vorschlag richtungweisend durch die Beobachtung der Lage der einzelnen Bestandteile zueinander (Abb. 3A). Damit legt er den Grundstein für eine profunde belegbare und insbesondere auch tragbare Rekonstruktion. Die Beschreibung der Befestigung der Scheide am Hauptriemen bleibt dabei jedoch noch unpräzise. Diese Leibgurtvariante mit Schleppriemen übernimmt auch W. Menghin als Ansatz (Abb. 3B). Er fügt aber ein in keinem der vielen infrage kommenden Spathagräber nachweisbares Plättchen hinzu und vernachlässigt Riemendurchzug und schmales Riemchen. In den Pyramidenknöpfen sieht er zwar einen Bestandteil der Befestigung der Scheide am Trageriemen, durch das nicht belegbare Plättchen bleibt dies aber spekulativ. Eine Korrektur des Vorschlags von R. Christlein stellt allerdings die Drehung des rhombischen Gurtkreuzungsbeschlägs um 90° dar, welche den Schleppriemen nach links in Richtung Spatha weisen lässt.
Abb. 1 Relevante Bestandteile der hier behandelten Spathagarnitur: 1a Hauptriemenschnalle. – 1b Hauptriemenzunge. – 2a Schlepp riemenschnalle. – 2b Schleppriemenzunge. – 2d Quer-/Schlaufen beschläg. – 3 Rhombisches Gurtkreuzungsbeschläg. – 4 Pyramiden- knöpfe. – Optionale Bestandteile: 1c Hauptriemenschlaufe. – 2c Schleppriemenschlaufe. – 5 Riemenbeschläge (bis zu vier Stücke).
Abb. 2 Rekonstruktionsvorschlag nach E. M. Neuffer. – (Nach Neuffer 1972, 34f. Abb. 6-7).
VERBINDUNG ZWISCHEN TRAGRIEMEN UND SCHEIDE
Als Grundlage für mein Rekonstruktionsvorhaben diente mir nun R. Christleins Leibgurtvariante mit dem um 90° gedrehten Gurtkreuzungsbeschläg nach W. Menghin. Neben E. M. Neuffers plausibler Erklärung für die untere Verbindung zur Scheide mittels Querbeschläg waren dies praktikable und belegbare Erkenntnisse. Für eine vollständige Rekonstruktion musste ich also die existierenden Befunde für die obere Verbindung zwischen Scheide und Hauptriemen zusammentragen und auswerten. Das Zusammenspiel zwischen Pyramidenknöpfen, schmalem Riemchen und Riemendurchzug lässt sich durch die Kombination dieser Befunde in Verbindung mit praktischen Versuchen erklären. Es folgt eine Übersicht über die Breite der erhaltenen Reste des schmalen Riemchens sowie die des Riemendurchzugs (Tab.1-2).
Abb. 3 Rekonstruktionsvorschlag: A nach R. Christlein. – B Nach W. Menghin. – (Nach Christlein 1971, 24 Abb. 7, 3; Menghin 1983, 150 Abb. 90, 1).
In Schretzheim, Lkr. Dillingen an der Donau, und Oberflacht, Lkr. Tuttlingen, gibt es noch mehr Hinweise auf ähnlich große Öffnungen von Riemendurchzügen. Allerdings sind dies Gräber aus einer Zeit, in der die hier besprochenen Spathaaufhängungen noch nicht in Gebrauch waren. Daher werden sie nicht angeführt. Dass zum einen der Riemendurchzug auf der Scheide nicht für den Trageriemen gedacht war und wiederum das schmale Riemchen nicht der Trageriemen sein kann, ist offensichtlich. Reste des Riemchens
Abb. 4 Erstes Rekonstruktionsmodell.
weisen eine Breite von 4-16mm auf (Tab.1). Beobachtungen in Schretzheim und Oberflacht zufolge ist die Öffnung des Riemendurchzugs regelhaft etwa 12mm breit (Tab. 2). Dagegen muss der Trageriemen aber in den meisten Fällen – je nach Breite des Beschlägs der Hauptriemenschnalle 1a – 20-30mm, in Ausnahmefällen bis 40mm breit gewesen sein8. Die in Donzdorf Grab 75 erhaltenen Reste des schmalen Riemchens lassen jedoch eindeutige Schlüsse zu. Es ist dort in Höhe der Öffnung des Riemendurchzugs einige Male um die Scheide gewickelt. Offensichtlich waren die Pyramidenknöpfe mittels des Riemchens an der Scheide befestigt. In den Gräbern Donzdorf 65 und Marktoberdorf 196 haften der Unterseite der Pyramidenknöpfe Reste eines mindestens 24 bzw. 28mm breiten Riemens an. Auch mit Blick auf die Breite der großen Schnalle 1a der Spathagarnitur ist dieser zweifelsfrei als Trageriemen anzusehen. In beiden Fällen ist mittig eine Aussparung zu erkennen, welche den Blick auf den Steg des Pyramidenknopfes frei gibt. Darüber hinaus hat sich im Donzdorfer Grab ein Rest des schmalen Riemchens erhalten, welcher durch die Aussparung an den Steg geführt ist9. In Marktoberdorf ist das Riemchen sogar noch besser erhalten. Dort erkennt man, dass es durch die Aussparung des Trageriemens ein- und austritt und dabei über den Steg des Pyramidenknopfes geführt wird10. Dafür, dass das schmale Riemchen nicht nur durch die Pyramidenknöpfe, sondern auch durch den Riemendurchzug führt und um die Scheide gewickelt wird, spricht auch die Stellung der Stege der Pyramidenknöpfe. In den seltenen Fällen, in denen ihre Ausrichtung zu beobachten war, laufen die Stege parallel zur Klinge (Tab. 3).
ERSTES REKONSTRUKTIONSMODELL
Diese Fakten setzte ich in einer dreidimensionalen Rekonstruktion um (Abb. 4). Dazu legte ich die Scheide senkrecht – auf Höhe des Riemendurchzuges, mit selbigem nach oben – auf ein waagerecht ausgelegtes Riemchen. Dieses war ca. 60cm lang und 8mm breit. Dessen eines Ende führte ich dann von links, das andere von rechts durch den Riemendurchzug, schlang sie um die Scheide und wiederholte den Vorgang, so dass beide Enden wieder vorn waren. Nun führte ich die Enden des Riemchens wie beobachtet durch zwei Durchbrüche im Trageriemen und über die Stege der Pyramidenknöpfe, dann nochmals das eine Ende von links, das andere von rechts durch den Durchzug und schlussendlich dann beide auf die Scheidenrückseite, wo ich sie straff verknotete. So fixieren also die Pyramidenknöpfe mittels Riemchen den Hauptriemen an der Scheide. Durch den Riemendurchzug wird ein vertikales Verrutschen der Scheide verhindert.
Den Abstand der Öffnungen im Trageriemen zueinander ermittelte ich mithilfe von Befunden mit in situ angetroffenen Pyramidenknöpfen. Das Ganze erwies sich auch beim gleichzeitigen Tragen eines Breitsaxes jedweder Größe als praktikabel. Zwei Beobachtungen zeigten jedoch an, dass noch ein Detail fehlen muss. Zum einen entstand bei der Einstellung des Tragewinkels mittels Schleppriemen ein gestauchter Knick zwischen Hauptriemenschnalle und oberer Scheidenbefestigung, woraus sich eine störende Spannung ergab. Zum anderen wird beim strammen Umgürten die Scheide an den Körper gepresst, was das Tragen auf Dauer unbequem macht.
FEHLENDES DETAIL
Einige Zeit nach dem Bau meines ersten Rekonstruktionsmodells wurde ich auf dieses Detail in R. Martis Publikation des besonders gut erhaltenen Materials aus Altdorf aufmerksam. Hier wird der Hauptriemen R1a durch ein ca. 25cm langes Stück gleicher Breite ergänzt, mit dem er mittels eines Weberknotens auf der Rückseite der Scheide verbunden ist (Abb. 5-6). Die Anknüpfung der Spatha erfolgt dann – wie schon geschildert – mittels Pyramidenknöpfen und schmalem Riemchen Rs an diesem Ergänzungsriemen R1b mit zwei durchbrochenen Enden. Dadurch entsteht eine ausreichend flexible Verbindung zwischen Scheide und
Hauptriemen, welche das stramme Umgürten der Spatha ermöglicht, ohne die beschriebene Spannung/ Stauchung zu erzeugen. Auch wird die Scheide jetzt nicht mehr durch den über sie geführten Hauptriemen an den Körper des Trägers gepresst. Dies ist in der Praxis für den Tragekomfort durch die verbesserte Be wegungsfreiheit des Trägers von entscheidender Bedeutung (vgl. auch Abb. 8). Durch diesen Auf bau ergibt sich außerdem eine Unterbrechung der Hauptriemenergänzung R1b zwischen den Pyramidenknöpfen, wodurch der Riemendurchzug vollständig sichtbar bleibt. Dies lässt beschnitzte11 oder mit Silbernägelchen verzierte Varianten12 besonders zur Geltung kommen (vgl. Abb. 8-9).
Marti entwirft als Rekonstruktionsvorschlag eine Schultergurtvariante mit Schleppriemen (Abb. 6). Als Verbindung zwischen Letztem mit der Scheide dient das Querbeschläg in bekannter Weise. Durch den besonders guten Erhaltungszustand der Lederanteile kann Marti aber auch die obere Verbindung zwischen
Abb. 6 Rekonstruktionsvorschlag nach R. Marti. – (Nach Marti 1995, 91 Abb. 8b; 108 Abb. 31).
Abb. 7 Rückenansicht von Schulter- und Hüftgurt: A Schultergurt. – B Hüftgurt. – C Schultergurt nach Altdorf Grab 4.
Trageriemen und Scheide erklären. Er kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass die Pyramidenknöpfe die Scheide mittels eines schmalen Riemchens durch Öffnungen in der Hauptriemenergänzung R1b am Hauptriemen befestigen. Durch den singulären Befund dieses Grabes geht er allerdings davon aus, dass es sich generell um zwei kurze schmale Riemchen gehandelt habe und nicht – wie oben von mir beschrieben – um ein einzelnes, dafür aber wesentlich längeres Riemchen. Es hat sich dort nämlich einseitig ein wenige Zentimeter langes Riemchen erhalten, welches durch die Öffnung der Hauptriemenergänzung R1b und die eines zusätzlichen, 23mm breiten Riemens13 über den Steg des Pyramidenknopfes führend ein- und austritt. Seine Enden werden miteinander verknotet, ohne um die Scheide oder durch den Riemendurchzug geführt zu werden. Das trifft dort aber für den erwähnten zusätzlichen Riemen zu, der somit die Hauptlast trägt. Dieser Riemen ist in Position der Pyramidenknöpfe je doppelt längs geschlitzt, um das schmale Riemchen durchzuführen. Trotz einer ähnlichen Breite wie der Hauptriemen wurde er durch den deutlich engeren Riemendurchzug gequetscht, was durch die Stauchung zwischen den Öffnungen für das schmale Riemchen verdeutlicht wird (Abb. 7).
Abb. 8 Trageweise der Spatha in Kombination mit dem Sax.
Abb. 9 Befestigung mittels Pyramidenknopfvarianten: A Pyramidbeschläg mit Lasche bei unterbrochener Hauptriemenergänzung R1b. – B Pyramidbeschläg mit Lasche bei geschlossener Hauptriemenergänzung R1b. – C Zentral durchbohrte Pyramidenknöpfe aus Bein.
REPARATUREN
Dass dieser zusätzliche Riemen und die reduzierte Verwendung des schmalen Riemchens eine nachträgliche Reparatur darstellen (wohl nachdem Letzteres gerissen war), lässt sich meiner Ansicht nach gut erkennen. Als deutlicher Hinweis gilt der bereits erwähnte Befund von Donzdorf Grab 75. Dieser zeigt, dass das schmale Riemchen mehrfach um die Scheide gewickelt war und zusammen mit den Pyramidenknöpfen die Hauptlast trägt. Auch ein recht großes Scheidenfragment aus Oberndorf-Beffendorf Grab 109 weist darauf hin, dass das schmale Riemchen von größerer Länge gewesen sein muss. Dort sind auf der einen Seite ein Pyramidbeschläg und auf der anderen einige ca. 3cm lange Riemchenstücke erhalten14. Auch anderen orts verweisen ähnliche Befunde auf eine derartige Umwicklung. Da die Breite der Riemchen teilweise ca. 15mm beträgt (Tab.1), könnte man nun versucht sein, in diesen breiteren Riemchen einen Beleg für den zusätzlichen Riemen (Abb. 6, 9) aus Altdorf zu sehen. Die im Altdorfer Riemen vorhandenen Längsschlitze sind aber ein zusätzliches Indiz für eine Reparatur. Dass die Schlitze längs verlaufen, bedeutet nämlich, dass die Stege der Pyramidenknöpfe waagerecht ausgerichtet sind – sie sind also um 90° verdreht worden. Denn dort, wo die Pyramidenknöpfe noch in situ angetroffen wurden, sind deren Stege parallel zur Klinge ausgerichtet (Tab. 3). Um ein mögliches Reißen des Riemens durch die dafür erforderlichen senkrechten Schnitte zu vermeiden, hat man aber auf die Ausrichtung der Pyramidenknöpfe keine Rücksicht nehmen können. Da hier Pyramidenknöpfe ohne Beschläg zum Einsatz kommen, ist dies auch ohne optische Bedeutung. Wären es solche mit Beschläg, wären entweder die Öffnungen von Riemen und Pyramidenknöpfen nicht kongruent, oder aber deren Beschläge wiesen nicht in die richtige Richtung (Tab. 3; Abb. 9B). Die von R. Marti skizzierte, um 45° gedrehte Stellung (also das »auf einer Ecke Stehen«) der Pyra midenknöpfe (Abb. 6)15 scheidet durch die beschriebenen Befunde eigentlich auch aus. Im Altdorfer Grab wäre sie aber möglich und anzunehmen. Denn nur, wenn das Riemchen, welches durch die Pyramidenknöpfe führt, auch um die Scheide gewickelt ist, bleiben sie in der belegten Position. Ein weiteres Indiz ist, dass die Öffnung des Riemendurchzuges häufig – so auch in Altdorf – ca.12mm breit ist (Tab. 2), was sicher nicht der Fall wäre, wenn der hindurchführende Riemen von Beginn an doppelt so breit geplant gewesen wäre.
Im Nachhinein betrachtet war es also für mich eher ein positiver Umstand, erst nachträglich auf R. Martis Rekonstruktionsvorschlag zu stoßen. Anderenfalls hätte ich sicher die dort zu beobachtende obere Ver- knüpfung der Scheide mit dem Trageriemen als generelle Verbindung angesehen und nicht – auf Grundlage der von mir zusammengeführten Befunde – als reparaturbedingte Abweichung erkannt. Dass dort, wo das schmale Riemchen über den Steg der Pyramidenknöpfe führt, Kräfte einwirken, welche die eine oder andere Reparatur notwendig machen, lässt sich vielfach beobachten. Der ersetzte Steg eines Pyramidenknopfes in Stetten Grab 208 (Lkr. Tuttlingen)16 oder ein durch eine beinerne Variante ersetzter Pyramidenknopf in den Gräbern 385 und 585 von Weingarten (Lkr. Ravensburg)17 sind nur zwei Beispiele. Ob die Abwesenheit von Pyramidenknöpfen bei gleichzeitigem Vorhandensein der übrigen Bestandteile der Spathag arnitur auf Vorsatz oder Verlust zurückzuführen ist, müsste auch unter diesem Aspekt bewertet werden.
Die zahlreichen weiteren Ausbesserungen, die der Träger der Altdorfer Spatha in der langen Zeit des Gebrauches durchführen musste, deuten jedenfalls auch auf eine Beschädigung des schmalen Riemchens und auf eine darauffolgende Reparatur hin. Als weitere Instandhaltungsmaßnahmen sind dort nämlich ein ausgetauschter Scheidenrandbeschlag sowie ein an dessen Oberseite hinzugefügtes Stück Ziegenleder zu beobachten. Des Weiteren wurde eine stilistisch jüngere Hauptriemenschnalle samt -durchzug an die ansonsten zum Alter der Spatha passende Spathagarnitur angebracht18. Dass an Stelle des rhombischen Gurtkreuzungsbeschlägs eine Variante mit ringförmigem Riemenverteiler tritt, stellt nämlich keinen Übergang zu karolingischen Kleeblattformen dar, wie R. Marti annimmt. Vielmehr kommen diese in Grä bern aus der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts vor. Manchmal werden sie fälschlicherweise zu einem Zaumzeug gerechnet, von dem sonst aber keine weiteren Bestandteile vorhanden sind. Auch die Lage im Grab weist eindeutig auf ihre Zugehörigkeit zur Spathaaufhängung hin. Als Beispiele für eine solche Variante seien hier Fridingen an der Donau Grab 22 (Lkr. Tuttlingen), Marktoberdorf Grab 66 sowie die Gräber 117 und 466 aus dem Gräberfeld Straubing-Bajuwarenstraße 1 genannt19.
SCHULTER- ODER HÜFTGURT?
Die Grundsatzfrage nach der Trageweise lässt sich nur durch praktische Versuche klären, da die Spatha ja bisher noch nie in Trageposition im Grab angetroffen wurde. Als schlagkräftigstes Argument zugunsten des Hüftgurtes dient daher folgende Skizze (Abb. 7): Wie man im Vergleich deutlich sieht, ergibt sich der durch das rhombische Gurtkreuzungsbeschläg (Abb. 7A) oder die Kerben im Ring des Altdorfer Riemenverteilers (Abb. 7C) vorgegebene Winkel, mit dem der Schleppriemen R2 an den Hauptriemen R1 an bindet, nur beim Hüftgurt (Abb. 7B). Bei der Schultergurtvariante liefe der Schleppriemen nach einem Knick respektiv außer- halb der durch die Kerbe vorgegebenen Position parallel eng am Hauptriemen. Außerdem ist ersichtlich, dass der Schleppriemen das Gewicht der Spatha trägt, der Hauptriemen ab der Gurtkreuzung aber entlastet sprich überflüssig wird. Um das zu vermeiden, müsste man die Gurtkreuzung am tiefsten Punkt des Hauptriemens ansetzen. Allerdings wäre der Schleppriemen dann so kurz, dass man kaum alle für ihn vor- gesehenen Beschläge usw. unterbrächte. Die Position der Scheide in Abbildung 7A und C hält sich im Übrigen auch nur solange, bis man die Spatha eingeführt hat. Durch ihr Gewicht rutscht sie – und mit ihr der Schultergurt – bei jeder Bewegung immer weiter nach unten und folglich in die Waagerechte, bis sie den tiefstmöglichen Punkt erreicht hat. Dazu käme dann noch der schon erwähnte Nachteil der Schultergurt variante in Bezug auf die Unmöglichkeit des einhändigen Ziehens und der zu große Bewegungsspielraum der Konstruktion im Lauf oder zu Pferd, da ein strammes Umgürten nicht möglich ist. Auch ist das Weber knotenfragment aus Altdorf kein Beleg für den Schultergurt, da die Enden zu kurz erhalten sind, um diesbezüglich aussagekräftig zu sein. Aus alledem schließe ich zweifelsfrei, dass es sich beim Trage- bzw. Hauptriemen um einen Hüftgurt gehandelt haben muss. Das von Marti für wichtig erachtete Abknöpfen der Scheide von ihrer Aufhängung ist in der Praxis ohne Bedeutung und würde nur zur Ermüdung des Leders an den Aussparungen der Hauptriemenergänzung R1b führen20. Wenn man z.B. zu Reparatur zwecken doch einmal die Scheide von der Aufhängung trennen wollte, müsste man nur den Knoten des schmalen Riemchens Rs auf der Scheidenr ückseite lösen. Dieser Zustand ist auf Abbildung 4 zu sehen.
TRAGEWEISE MIT SAX
Zur Trageweise der spätmerowingerzeitlichen Spatha gehört im gar nicht so weiten Sinne auch der Sax. Bis zum Aufkommen der Spatha ohne organische Bestandteile an Knauf und Parier ist er fast immer mit ihr vergesellschaftet. Und selbst nach Einführung dieses neuen Spathatyps mit ihrerseits schon großen Ausmaßen – vor allem, was die Klingenbreite betrifft – bleibt der Sax als zusätzliche Waffe in einigen Gräbern ihr Begleiter. War der Sax zu Beginn des Auftretens der hier besprochenen Spathaaufhängung noch eher ein größeres Messer, entwickelte er sich in dieser späten Phase vom schweren Breitsax zum Langsax. Diese »Übergangssaxe« waren zwar noch ähnlich breit, ihre Klinge war jedoch schon länger als beim Breitsax, aber noch nicht so schmal wie die der folgenden Langsaxe. Sie konnten es also in Bezug auf die Abmessungen fast mit der Spatha aufnehmen und waren sogar noch schwerer als diese.
Umso wichtiger ist deshalb aus der praktischen Sicht des Trägers, dass sich weder Riemenwerk noch Scheiden gegenseitig behindern und sich die Bewaffnung trotz der einseitigen Gewichtsbelastung auch nach längerer Zeit zu Fuß oder zu Pferd noch bequem tragen lässt. Für den Reiter im Besonderen gilt natürlich auch, dass sich alles fest und dicht am Körper befinden muss, um nicht den Fliehkräften anheimzufallen. Mit meiner hier beschriebenen Art der Aufhängung wäre dies alles gegeben. Außerdem gewinnt die Schnalle des Schleppriemens 2a noch eine weitere Aufgabe neben der Einstellung des Tragewinkels. Der beste Tragekomfort ergibt sich nämlich wie folgt: Zuerst legt man Leibriemen samt Sax an. Dann löst man die kleine Schnalle 2a der Spathaaufhängung und teilt bzw. öffnet damit den Schleppriemen R2a und b. Danach führt man die Spathascheide ca. zur Hälfte zwischen den beiden Saxtrageriemen hinter der Saxscheide hindurch und schließt Trage- sowie Schleppriemen in der gewünschten Position (Abb. 8; 10).
AUSNAHMEN BZW. VARIANTEN
Zeichnerisch ließe sich die obere Verbindung zwischen Trageriemen und Scheide auch auf die Pyram iden knöpfe mit Beschläg anwenden. Diese könnten dann mit den Enden der Hauptriemenergänzung R1b ver- nietet gewesen sein. Im praktischen Versuch zeigt sich aber, dass das Gewicht der Spatha die Pyram iden knöpfe mit rechteckigem Beschläg aus ihrer belegten Position bringt. Das Lot, gefällt von der Pyramidenspitze, bildet hierbei die Achse, um die die Beschläge in Richtung der Außenseiten der Scheide hochg ezogen werden (Abb. 9A). Bei den Pyramidenknöpfen mit profiliertem Beschläg ergibt sich ein ähnliches Bild. Für diese Variante von Pyramidenknöpfen dürfte also die Hauptriemenergänzung R1b nicht unterbrochen sein, sondern müsste einen geschlossenen Ring ergeben. So würden die Beschläge in der korrekten Stellung verbleiben, in der sie z.B. in Donzdorf Grab 80 angetroffen worden sind (20) (Abb. 9B).
Bei den schon erwähnten extrem breiten Trage- und Schleppriemen wie in Schwangau Grab 43 oder Weingarten Grab 385 wäre die Größe des enstehenden Weberknotens bei der mangelnden Flexibilität des brei ten Ledergurtes nicht mehr praktikabel. Trotzdem würde ich auch hier mit einer – wie auch immer befestigten – Hauptriemenergänzung mit einer durchschnittlichen Breite von ca. 25mm rechnen. Für die zentral durchbohrten Pyramidenknöpfe aus Bein jedoch lässt sich mein Vorschlag wieder unverändert anwenden. Man könnte hier das schmale Riemchen eventuell außen verknoten, jedes Riemenende für sich, nach dem es an der Spitze des jeweiligen Pyramidenknopfes austritt (Abb. 9C). Bei den Spatha garnituren ohne Pyramidenknöpfe ist die Verbindung der Scheide mit der Hauptriemenergänzung mittels des schmalen Riemchens auf verschiedene Arten denkbar. Ohne entsprechende Funde erscheint mir eine zeichnerische Rekonstruktion aber müßig. Die Ausführungen dieses Abschnitts sind ohnehin spekulativ und vage, da keiner der gefundenen Lederreste im Zusammenhang mit einer dieser Varianten von Pyramidenknöpfen stand. Dennoch sind die Vermutungen bezogen auf Optik und Handhabung praktikabel
und nachvollziehbar.